24. Januar 2022

Ist die Panik bei Aktien angemessen? - Bestandsaufnahme und Ausblick


Die Aktienkurse brechen an den Börsen ein.

Wie es weitergeht, dazu äußere ich mich am Ende des Artikels.

Jedenfalls momentan sieht es nicht gut aus:

Der DAX taucht innerhalb von wenigen Tagen um über 4% ab und der S&P 500 sogar um über 5%.

Crashpropheten melden sich, einzelne Aktien geraten arg unter die Räder.

Peloton erleidet einen Aktienverlust von über 70% innerhalb von 3 Monaten und Netflix bricht um über 35% innerhalb von 30 Tagen ein.

Auch Technologieschwergewichte wie Nvidia, Meta oder die weniger bekannten Docusign und Roku erleiden zweistellige Aktienkursrückgänge.

Der Nasdaq 100 erleidet einen Einbruch um über 6% innerhalb von 5 Tagen.

Und das sind nur einige Beispiele.

Aber was ist passiert?

Die üblichen Einflussfaktoren sind die Zinsen, der Ukraine-Konflikt und - wer hätte das gedacht - die Corona-Pandemie.

Der Konflikt mit der Ukraine spielt m.E. keine große Rolle.

Es herrscht (noch) die Einschätzung vor, dass es zu keinem Krieg kommen wird, das es sich um "politisches Säbelrasseln" handelt.

Die Pandemie spielt da schon eine größere Rolle.

Aber anders als vielleicht gedacht.

Die wirtschaftlichen Folgen von Corona sind eingepreist.

Die fulminante Börsenentwicklung seit April 2020 ist ein klarer Beleg dafür.

Ganz im Gegenteil: Die Pandemie war überaus positiv für die Börse.

Und dabei kommt der unethische Aspekt in der Börsenwelt ganz klar zum Ausdruck und worum die Gedanken der Börsianer tatsächlich kreisen:

Die Entwicklung der Zinsen.

Schauen wir kurz zurück:

Bis zur Mitte des Jahres 2020 stand die Börse unter "Corona-Schock und es waren die mächtigen Zentralbanken, die die Finanzmärkte unterstützten. 

Nach dem Corona-Crash senkte die US-Notenbank Federal Reserve (FED) in zwei großen Schritten die Leitzinsen auf fast null Prozent und pumpte neue Milliarden an Liquidität in die Märkte. 

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) lockerte ihre geldpolitischen Zügel. 

Sie legte ein Anleihenkaufprogramm auf. 

Hinzu kamen billionenschwere Konjunkturhilfen zahlreicher Staaten. 

Dies führte in der zweiten Jahreshälfte zur langersehnten Erholung: 

Die Aktienkurse stiegen wieder und das trotz Rückschlägen wie der zweiten Corona-Welle und neuer Lockdowns. 

Mit anderen Worten: 

Die Pandemie führte zu Zinssenkungen und enormer zusätzlicher Liquidität und das führte zum Aktienboom.

Und bei diesem Aktienboom spielten unerfahrene Privatanleger eine nicht unerhebliche Rolle.

Viele haben erstmals Aktien gekauft, befeuert durch extrem niedrige Gebühren bei Neo-Brokern wie Scalable Capital oder Trade Republic.

Übertreibungen wie bei der Aktie von Gamestop seien nur mal am Rande erwähnt.

Was hat sich jetzt aber geändert:

Die nachlassende Pandemie führt zur Zinsunsicherheit.

Die US-Notenbank hat eine Zinswende bekanntgegeben.

Steigende Zinsen führen in Aktien-Bewertungsmodellen zu sinkenden Aktienbewertungen und damit zu sinkenden Aktienkursen.

Das ist wissenschaftlich zwar nicht bewiesen, ist aber trotzdem gängige Meinung an den Börsen.

Es sorgt - im Schlepptau mit einer möglichen Ukraine-Krise ("steckt im Hinterkopf") und der möglicherweise sich doch noch wieder verschlimmernden Pandemie ("kommt eine neue Corona-Mutation?") im Börsianer-Kleinhirn zu einer negativen Grundstimmung.

Und genau diese kurzfristige negative Grundstimmung sehen wir momentan an den Börsen.

Denken wir mal emotionslos nach

Unerfahrene Aktienanleger haben massiv in Aktien investiert.

Und zwar nicht unwesentlich in Aktien, die in der zweiten Jahreshälfte 2020 von der Corona-Pandemie profitiert haben: 

Beispiele (eine Auswahl):

Der Streaming-Gigant Netflix ("streamen aus Langeweile, ist ja sonst nichts zu tun"), Peloton ("Radfahren at home als sportliche Betätigung), Delivery Hero ("wenn ich nicht mehr essen gehen kann, dann wird das Essen eben zu mir gebracht") und Biontech ("Impfstoff-Retter mit unermesslichen Renditen").

Diese Aktien wurden von den Medien (Youtube usw.) gehypt und von Anlegern gekauft ("blind? - von vielen wahrscheinlich").

Die Ausblicke dieser Unternehmen sind für 2022 natürlich pessimistischer als für 2021.

Das Wachstum von 2021 ist keinesfalls wiederholbar.

Das sollte einleuchtend sein.

Und genau diese Aktien begannen schon in der zweiten Jahreshälfte 2021 zu bröckeln.

Dieses Bröckeln - gepaart mit der schon erwähnten Zinswende - führt zu den jetzigen Panikverkäufen, die immer mehr Aktien in Mitleidenschaft zieht.

Was ist jetzt zu tun?

Tja :-)

Wie immer: Es kommt darauf an!

Und jetzt kommen wir zu den grundsätzlichen Dingen, die an der Börse wichtig sind.

Und das betrifft alle Aktien:

Unrentable Tech-Aktien, stabile Dividendenaktien, Value-Aktien usw.

Es kommt auf den Aktienanleger an.

Jeder Kauf einer Aktie muss wohlüberlegt sein.

Man muss überzeugt sein vom Geschäftsmodell und davon, nicht zu teuer gekauft zu haben.

Wer so denkt, der kauft bei Aktienverlusten nach.

Denn: Aktienverluste sind an der Börse normal.


Fazit und meine persönliche Einschätzung wie es weitergeht

Wer in Einzelaktien investiert, MUSS eine Aktienanalyse machen oder zumindest eine verstehen können.

Ansonsten investiert man sein Geld "blind" und das ist schlecht.

Es wäre so als ob man ein Einfamilienhaus kauft, ohne es je gesehen zu haben.

Wer das nicht kann ("und das ist keine Schande"), der sollte in gemanagten Fonds investieren (und das trotz horrender Gebühren").

Und was aber viele vergessen bei den so beliebten ETF:

Ein Aktien-ETF auf den MSCI World oder den S&P 500 ("beide sehr beliebt") setzt sich aus Aktien zusammen.

Und zwar aus sehr vielen Aktien, die man aber immer noch nicht bewerten kann.

Auch der ETF-Anleger fühlt sich also allein und verlassen, wenn der ETF-Kurs zweistellig einbricht.

Ich vermag da keinen Unterschied zur Investition in Einzelaktien erkennen.

Was jeder Anleger tun sollte

Recht simpel:
 
Wer jetzt - bei niedrigeren Aktienkursen - mental in der Lage ist nachzukaufen, der halt alles richtig gemacht.

Mental heißt dabei nicht tatsächlich.

Ich bin zu 100% in Aktien investiert, kann also nicht nachkaufen ("ausser einer geringen Summe"), fühle mich aber wohl und KÖNNTE und WÜRDE nachkaufen.

Dieser mentale oder auch psychologische Effekt ist entscheidend.

Entscheidend über Erfolg und Misserfolg bei der Anlage in Aktien.

Und das sollte jeder JETZT ganz genau hinterfragen! 

Ausblick

Ich persönlich gehe von keiner Zinswende aus, die diesen Namen verdient hat.

Und zwar dauerhaft, also noch für viele weitere Jahre werden die Zinsen nicht wesentlich höher steigen als bis zu 2 bis 3 Prozent.

Es führt also auch weiterhin kein Weg an Aktien vorbei.

Die US-Notenbank wird realisieren, dass die Pläne zur Zinswende zu diesen jetzigen Aktienverwerfungen geführt haben und wird diese Zinswende "relativieren".

Jede solche Andeutung der US-Notenbank für eine Entschärfung an der Zinsfront, wird dem Aktienmarkt wieder Auftrieb geben.

Ich gehe davon aus, dass sich die Aktien recht schnell wieder stabilisieren und auch wieder steigen werden.

Wohin soll man mit seinem Geld auch sonst hin?

Es könnte aber sein, dass zukünftig wieder mehr Geld in stabile Geschäftsmodelle fliesst.

Weniger rentable oder auch dauerhaft unrentable Unternehmen könnten zukünftig das Nachsehen haben.

Um es in börsendeutsch zu formulieren:

Es handelt sich momentan um eine ganz normale Marktbereinigung.

Der Aktienmarkt schüttelt die Euphorie von 2020 ab und besinnt sich wieder auf das Einzige, was bei Unternehmen bzw. Aktien zählt:

Gewinne!

Wie schätzt du die Lage an den Börsen ein?

Bist du in Aktien investiert?

Lasse mich deine Meinung wissen!

Fokussierte Grüße

von